Trend Drei: Margenjäger

Ende letzten Jahres haben wir unseren jährlichen Trendbericht – Think Forward 2023 – veröffentlicht: Fragmentierte Zukunft. Darin werden die fünf wichtigsten Trends vorgestellt, die unserer Meinung nach die sozialen Medien in den nächsten 12 Monaten prägen werden. Dieser Beitrag befasst sich mit dem dritten Trend, der in dem Bericht behandelt wird: Margenjäger. Weitere Informationen findest du im vollständigen Think Forward-Bericht hier.

In sozialen Netzwerken wird extremes Verhalten als authentischer angesehen, gewinnt an Zugkraft und setzt sich durch.

Da es aufgrund des zunehmenden Zynismus immer schwieriger wird, als authentisch zu gelten, ist Authentizität zu einem Glücksspiel geworden, das die Menschen dazu bringt, sich immer ungewöhnlicher zu verhalten, um als wahre Gläubige zu gelten – und nicht als bloße Angeber.

Das erklärt, warum die Selbstdarstellung in die Extreme geht: Im Internet der Post-Genuineness ist extrem jetzt gleichbedeutend mit Glaubwürdigkeit.

Unglaubliche Nischeninteressen sind überzeugend und zutiefst verrückte und chaotische Energien sind nachvollziehbar.

Für jede Marke oder Person, die Echtheit verkörpern will, sind die Ränder der einzige sichere Ort geworden.

Der Verhaltenswandel

1. Die Leute zoomen sich ganz in die Nische hinein

Je spezifischer ein Interesse ist, desto echter erscheint es. Das erklärt die immer länger werdende Liste digitaler Mikrogemeinschaften (Weirdcore, Goblincore, Bubblegum-Hexe) und die zunehmende kulturelle Bedeutung präziser, seltsamer Interessen.

2. Die Menschen drängen bis an die Ränder

Je intensiver die Energie, desto echter scheint sie zu sein – daher das Mainstreaming von “Chaos”, übertriebene Töne wie “Vorstadtsensation“, die echte Bewunderung für Julia Fox.

3. Die Menschen fühlen sich verurteilt, weil sie den “Mittelweg” und nicht die Extreme einschlagen.

Der Mittelweg ist verbrannte Erde – deshalb gab es auf TikTok keine schlimmere Beleidigung, als jemanden als “mid” (d. h. mittelmäßig) zu bezeichnen; jetzt wird das Alltägliche dramatisiert.

Beispiele von Marken

Lernt von Valentino
Valentinos jüngstes Modell war das “Kartoffelmädchen” von TikTok, dessen Authentizität aus allen Genres extremen Verhaltens stammt: Das Kartoffelfandom ist nicht nur eine Nische, sondern wird auch mit einer Hingabe an Schrägheit und Intensität praktiziert, die an “Vorstadtsensationen” erinnert.

@poppycooks well this was surreal @valentino @polyesterzine 🥔👀 #potato #model #valentino ♬ super freaky girl x luxurious – xxtristanxo

Von Gucci x Balenciaga lernen
Bei ihrer Zusammenarbeit mit dem Namen “The Hacker Project” gingen die beiden Luxusmarken bis zum Äußersten, indem sie die Schaufenster der jeweils anderen Marke fälschlich zerstörten. Für Gucci kam dieses laute Statement nicht aus heiterem Himmel: Es ist eine Erweiterung der langjährigen Faszination der Marke für Authentizität, Aneignung und Fälschungskultur.

Hier findest du mehr über Margin-Chaser und die vier anderen Trends, die in Think Forward 2023 vorgestellt werden.